Psychische Belastung und Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz

Eine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung bezieht sich auf die Identifizierung und Bewertung von Risiken für die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer in einem Unternehmen. Dies umfasst die Identifizierung von Arbeitsbedingungen, die zu psychischen Belastungen führen können, wie zum Beispiel Stress, Angst, Depressionen, sowie die Bewertung des Ausmaßes dieser Risiken und die Entwicklung von Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung dieser Risiken.

Die Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung sollte die folgenden Schritte umfassen:

  • Erhebung von Informationen über Arbeitsbedingungen, Arbeitsprozesse und Arbeitsorganisation
  • Identifizierung von Risikofaktoren für die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer
  • Bewertung des Ausmaßes der Risiken
  • Entwicklung von Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der Risiken
  • Überwachung und Evaluierung der Wirksamkeit der Maßnahmen

Es ist wichtig zu beachten, dass die Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung ein laufender Prozess ist, der regelmäßig überprüft und aktualisiert werden sollte, um sicherzustellen, dass die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer gewährleistet bleibt.

1. Was sind physische und psychische Belastungen?

2. Ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung Pflicht?

3. Was ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung? 

4. Wann die psychische Belastung die Gesundheit beeinträchtigen kann

5. Aktualisierung/Fortschreibung/ Dokumentation

1. Was sind physische und psychische Belastungen?

Belastungen werden häufig auch Stressoren oder Stressbedingungen genannt. Neben physischen (körperlichen) Belastungen am Arbeitsplatz (z. B. Lärm, Hitze, Staub) kann es für die Beschäftigten häufig auch psychische oder psycho-mentale (nervlich-seelische) Belastungen geben.

2. Ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung Pflicht?

Seit Ende 2013 fordert das Arbeitsschutzgesetz explizit die Berücksichtigung der psychischen Belastung in der Gefährdungsbeurteilung. Das heißt: Alle Unternehmen und Organisationen müssen auch jene Gefährdungen für ihre Beschäftigten ermitteln, die sich aus der psychischen Belastung bei der Arbeit ergeben. Die psychischen Gefährdungsbeurteilung im 5 Abs. 3 Nr. 6 ArbSchG geregelt und somit gesetzlich verpflichtend. Eine mangelhafte oder fehlende Durchführung kann rechtliche Konsequenzen haben, die nicht unterschätzt werden sollten.

3. Was ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung? 

Die „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ ist der Teil einer Gefährdungsbeurteilung, der sich mit psychischen Faktoren bei der Arbeit befasst.
Sie ist ein bewährtes Mittel, um positiv auf Arbeitsbedingungen und das Wohlbefinden einzuwirken.

Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung: Pflicht des Arbeitgebers

Die Gefährdungsbeurteilung ist eine arbeitsschutzgesetzliche Pflicht.Danach müssen alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur Ermittlung der erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes eine Beurteilung der Gefährdungen in ihren Unternehmen vornehmen. Wenn es erforderlich ist, müssen sie schließlich geeignete Maßnahmen entwickeln, umsetzen und auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Die Gefährdungsbeurteilung hat somit das Ziel, Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen. Dazu gehört auch die psychische Belastung bei der Arbeit. Die „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ überprüft die Arbeitsbedingungen im Betrieb und strebt eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung an – nicht der einzelne Mitarbeiter steht im Fokus der Betrachtungen.

4. Wann die psychische Belastung die Gesundheit beeinträchtigen kann

Psychische Belastung bei der Arbeit umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher psychisch bedeutsamer Einflüsse, etwa die Arbeitsintensität, die soziale Unterstützung am Arbeitsplatz, die Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit, aber auch Umgebungsfaktoren wie Lärm, Beleuchtung und Klima. Eine Arbeit ohne psychische Belastung ist genauso wenig denkbar und wünschenswert wie eine Arbeit ohne jede körperliche Belastung. Ähnlich wie bestimmte Arten und Ausprägungen körperlicher Belastung gesundheitsgefährdend sein können, kann aber auch die psychische Belastung bei der Arbeit gesundheitsbeeinträchtigende Wirkungen haben, zum Beispiel bei andauerndem hohen zeit- und leistungsbezogenen Anforderungen oder bei ungünstig gestalteter Schichtarbeit. Daher ist es erforderlich, die psychische Belastung der Arbeit in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Zur Vermeidung von Gefährdungen durch psychische Belastung sind die Arbeitsinhalte/-aufgaben, die Arbeitsorganisation, die Arbeitszeit, die sozialen Beziehungen bei der Arbeit, die Arbeitsumgebungsbedingungen sowie die Verwendung von Arbeitsmitteln zu gestalten. Für ausgewählte Aspekte und Tätigkeiten (z. B. für die Gestaltung von Arbeitszeit, für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten, für die Verwendung von Arbeitsmitteln oder für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen) sind diesbezügliche Pflichten und Gestaltungsanforderungen in Vorschriften und Regeln des Arbeitsschutzes spezifiziert. Soweit Vorschriften und Regeln nicht existieren, können für die gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeit weiterhin auch einschlägige Ergonomie-Normen (z. B. DIN EN ISO 10075- 2, DIN EN ISO 6385) Orientierung geben.

Welche Aspekte im Einzelnen bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind, ist mit Blick auf die konkreten Tätigkeitsanforderungen und Bedingungen der zu beurteilenden Arbeit zu entscheiden.

z.B.: die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung

Dafür sind dafür im Einzelnen folgende Schritte zu planen und umzusetzen:

  • Festlegen von Tätigkeiten/Bereichen, für die die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden soll,
  • Ermittlung der psychischen Belastung der Arbeit,
  • Beurteilung der psychischen Belastung,
  • Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen (falls erforderlich),
  • Kontrolle der Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen,
  • Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung (insbesondere Anpassung im Falle geänderter betrieblicher Gegebenheiten nach § 3 ArbSchG)
  • Dokumentation.
Belastungsfaktoren (Beispiele)Ressourcen (Beispiele)
ZeitdruckHandlungs- und Entscheidungsspielräume
ArbeitsverdichtungEntlastung und Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte, klare Prioritätensetzung
Umgang mit schwierigen Kundinnen oder Kunden EmotionsarbeitUnterstützung durch Kolleginnen und Kollegen, Ausbildung, zeitliche Begrenzung des Kontakts
Unklare oder schnelle wechselnde Organisationsstrukturenklare Zuständigkeitsregelungen, kontinuierliche und gezielte Information
Konkurrenz zwischen BeschäftigtenKollegialität und soziale Unterstützung am Arbeitsplatz
MobbingSoziale Integration am Arbeitsplatz
Fehlende Ressourcen bei der Arbeit (z. B. materiell, personell, sozial)Ausreichende und zweckmäßige Ausstattung des Arbeitsplatzes, Partizipationsmöglichkeiten
Lage und Dauer der Arbeitszeit (z. B. Schichtarbeit)Physiologisch und sozial verträgliche Arbeitszeiten (z. B. Gleitzeit-Modelle, Arbeitszeitkonten)
Fehlende VertretungTransparente, abgestimmte Vertretungsregelung
Zwang zur WeiterqualifikationMöglichkeit zur Weiterqualifikation
Gewalt am Arbeitsplatz (z. B. Übergriffe durch Kolleginnen und Kollegen)Schutz vor Übergriffen, Unterstützung durch Unternehmen

5. Aktualisierung/Fortschreibung/ Dokumentation

Die Gefährdungsbeurteilung muss aktuell sein, sich also auf die aktuellen Gegebenheiten beziehen. Es ist empfehlenswert, die Aktualität der Gefährdungsbeurteilung in regelmäßigen Abständen zu prüfen. Sie ist zu aktualisieren, wenn sich die der Gefährdungsbeurteilung zugrundeliegenden Gegebenheiten geändert haben (§ 3 Abs. 1 ArbSchG). Anlässe für eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung können u. a. sein:

● Veränderungen der Arbeitsbedingungen und der damit verbundenen psychischen Belastung, beispielsweise durch Restrukturierung, Reorganisationen von Tätigkeiten und Arbeitsabläufen oder nach Anschaffung neuer Maschinen und Produktionsausrüstungen.

● Überlastungsanzeigen von Beschäftigten, Unfälle, Beinahe-Unfälle und auffällige Häufungen von Fluktuation, Beschwerden, Gesundheitsbeeinträchtigungen

Dokumentation

Alle Betriebe sind gesetzlich zu einer Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung verpflichtet (siehe § 6 ArbSchG). Aus der Dokumentation muss erkennbar sein, dass die Gefährdungsbeurteilung effektiv durchgeführt wurde. Die Unterlagen müssen daher Angaben zu dem Ergebnis der jeweiligen Gefährdungsbeurteilung, zur Festlegung der erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen sowie zu den Ergebnissen der Überprüfung der durchgeführten Maßnahmen enthalten.

Mindestens sollten sie enthalten:

● Beurteilung der Gefährdungen

● Festlegung konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen Termine und Verantwortliche

● Durchführung der Maßnahmen

● Überprüfung der Wirksamkeit

● Datum der Erstellung/Aktualisierung

Die Dokumentation nach § 6 ArbSchG erfordert keine bestimmte Art von Unterlagen.

Arbeitsschutzgesetz

§ 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen

(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.

(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.

(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch

  1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
  2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
  3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
  4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
  5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
  6. psychische Belastungen bei der Arbeit.

Beratung und Unterstützung

Beratung und Unterstützung zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung erhalten bei uns.